Muss ein Pilot in der Platzrunde jeden Platzrundenabschnitt melden?

Meldet man sich - wie das sein muß, mindestens fünf Minuten vor Erreichen des Platzes - bei unkontrollierten Plätzen zur Landung an, bekommt man häufig eine Anweisung wie "Nächste Meldung Queranflug Pistenbezeichnung !" oder noch besser "Melden Sie Endanflug Piste xy !" An zahlreichen Plätzen herrscht auch die Übung vor, nur den Queranflug zu melden. Soll man dem nachgeben oder soll man dem Flugleiter mit der Meldung jeden Abschnitts auf die Nerven fallen? Wie verhält man sich schulmäßig in solchen Fällen? Ist es denn erlaubt, nicht alle Teile der Platzrunde zu melden?

Flugplatz Zuerich

Die Frage ist recht umstritten. In der letzten Fluglehrerfortbildung haben die Kollegen recht hitzig diskutiert. Vor allem die Segelflieger halten es für völlig überzogen, mehr als die "Position zu melden". Anderenfalls wäre der Funk an manchen Tagen völlig überlastet. Auf der anderen Seite stehen Mahner, die sogar mit einer eigens dafür betriebenen Homepage dazu aufrufen, jeden Platzrundenteil zu melden (www.fliegermail.de). Wie also ist die Rechtslage?

Das Gesetz gibt leider hierzu keine eindeutige Auskunft. § 26b LuftVO regelt lediglich die Standortmeldungen über Pflichtmeldepunkten. Die §§ 22, 23 LuftVO enthalten zwar zahlreiche Bestimmungen darüber, wie man sich verhalten muss, wenn man ein Flugzeug auf einem Flugplatz oder in dessen Umgebung führt. Allerdings sucht man vergeblich nach der Regelung von Standortmeldungen in der Platzrunde. Schon aus diesen Normen lässt sich schließen, dass der Gesetzgeber einen Zwang zum Melden aller Platzrundenabschnitte gerade nicht aufstellen wollte. Da er die Verhaltensregeln an und in der Umgebung von Flugplätzen ziemlich eingehend geregelt hat, kann man relativ sicher sein, dass er die entsprechende Pflicht in § 22 LuftVO aufgenommen hätte.

Ein Indiz dafür, dass diese Annahme - es besteht kein Zwang - korrekt ist, findet sich auch im offiziellen Fragekatalog. Mehrere fast gleichlautende Fragen im offiziellen Fragebogenkatalog für Luftrecht (Nr. 180) bzw. BZF I (Nrn. 96, 100) und die korrekten Antworten, lassen hingegen den Rückschluss darauf zu, daß es nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, in jedem Teil der Platzrunde eine Standortmeldung abzusetzen. So z. Bsp. lautet die Frage Nr. 96 für BZF I (Stand 2009):

96. Ein Luftfahrzeugführer führt ein Luftfahrzeug nach Sichtflugregeln in der Platzrunde eines Flugplatzes mit Flugverkehrskontrolle. Wozu ist er grundsätzlich verpflichtet?
  1. Eine Wetterberatung einzuholen
  2. Ständige Hörbereitschaft auf der Frequenz der Platzkontrollstelle zu halten
  3. In jedem Teil der Platzrunde eine Standortmeldung abzusetzen
  4. In jedem Fall vor Beginn des Fluges einen Flugplan abzugeben

Die korrekte Antwort, die sich aus § 23 Abs. 1 Nr. 1 LuftVO ergibt, ist eben nicht c) sondern b). Allerdings ist dieses Indiz nicht sonderlich tragfähig, weil sich diese Fragen nie auf unkontrollierte Flugplätze beziehen. Auch kann kein Erst-Recht-Schluß gezogen werden, etwa nach dem Motto, wenn schon auf einem kontrollierten Platz keine vollständigen Standortmeldungen erforderlich sind, dann erst recht nicht auf einem unkontrollierten.

Platzrunde

Auch die in NfL I 2010/226 veröffentlichte Bekanntmachung der DFS über die Sprechfunkverfahren ordnet an keiner Stelle an, welche Streckenabschnitte der Platzrunde zu melden sind. Allerdings existiert auch ein Hinweis darauf, daß sich - zumindest die DFS - vorstellt, man solle jedes Leg melden.

8. BESTÄTIGEN VON MELDUNGEN
(1) Der Empfang von Meldungen ist zu bestätigen, soweit nicht nachfolgend eine Ausnahme zugelassen wird.

(2) Von der Bestätigung einer Meldung durch die Bodenfunkstelle kann bei wiederholten Standortmeldungen von Luftfahrzeugen, die sich bei bestehender Sprechfunkverbindung in der Platzrunde eines Flugplatzes ohne Flugverkehrskontrollstelle befinden, abgesehen werden. Erbittet die Luftfunkstelle eine Bestätigung oder ist sonst ersichtlich, dass sich die Meldung ausschließlich an die Bodenfunkstelle richtet, sind auch solche Meldungen von der Bodenfunkstelle zu bestätigen.
Bis 2011 forderte die Bestimmung noch, ausnahmslos jede Meldung zu bestätigen. Jetzt werden in Absatz (1) Ausnahmen zugelassen. Allerdings wird dann im Absatz (2) lediglich eine einzige Ausnahme zugelassen. Die aber ist sehr vielsagend. Ich lese zunächst daraus, daß - was ja ohnehin auf der Hand liegt - die Standortmeldungen in der Platzrunde nicht nur für den Flugleiter abgegeben werden, sondern auch für den anderen Verkehr ("oder ist sonst ersichtlich, dass sich die Meldung ausschließlich an die Bodenfunkstelle richtet"). Ich lese weiter daraus, dass von den Standortmeldungen nicht deshalb abgesehen werden soll, um dem Flugleiter die lästige Aufgabe der Bestätigung zu ersparen. Und ich lese aus alldem, daß die DFS eine Meldung jedes Streckenabschnitts für sinnvoll hält.

Trotzdem ist damit noch immer nicht die Frage geklärt, ob man alle Streckenabschnitte der Platzrunde melden muss. Wenn konkrete Einzelbestimmungen fehlen, greift der Jurist gerne zu gesetzlichen Generalklauseln. Wie so oft könnte auch bei der vorliegenden Frage ein Rückgriff auf § 1 LuftVO, die luftverkehrsrechtliche Generalklausel helfen (siehe mein Buch Luftrecht und Flugfunk , Kapitel 7.2.1). Nach § 1 LuftVO muss sich jeder Pilot "so zu verhalten, daß Sicherheit und Ordnung im Luftverkehr gewährleistet sind und kein anderer gefährdet, geschädigt oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt wird." Fragen wir uns also: Können wir mit regelmäßigen Standortmeldungen Unfälle vermeiden?

Fazit: Eine ausdrückliche Regelung fehlt. An keiner Stelle schreibt das Gesetz Standortmeldungen in der Platzrunde vor. Man wird also wohl keinem Piloten allein deshalb eine Ordnungswidrigkeit anhängen können, weil er in der Platzrunde schweigsam ist (auch wenn ein Verstoß gegen § 1 LuftVO nach § 43 LuftVO als ordnungswidrig angesehen wird). Sollte sich aber ein Unfall ereignen und sollte sich herausstellen, dass dieser Unfall verhindert worden wäre, wenn einer der Piloten eine Platzrundenmeldung abgegeben hätte, dann dürfte diesem Piloten schon deshalb ein Mitverschulden treffen, welches zur Mithaftung führt.

Empfehlung daher: Lieber einmal zuviel melden, als einmal zu wenig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ende des Textes (standortmeldung_in_platzrunde.html - 14.03.12)