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1. Sicherheit
Ultraleichtflugzeuge haben seit ihrer Einführung einen ungeheuren
Boom erlebt. Der Erwerb der Lizenz ist einfacher, schneller und
billiger als bei allen anderen Motor-Flugarten. Und das Fluggerät
ist erheblich preisgünstiger als bei anderen Flugzeugtypen.
Auch der Durchschnittsverdiener kann sich ein UL in den Hangar
stellen. Zwischenzeitlich hat sich eine bemerkenswerte UL-Lobby
gebildet, weil folgerichtig eine Vielzahl von Menschen die UL-Lizenz
erworben hat und damit ein enormer Markt entstanden ist.
Das Fliegen mit Ultraleichtflugzeugen dürfte im Rahmen der
Privatfliegerei aber die für die Insassen gefährlichste Spielart
sein. Dies ist zunächst und vor allem bauartbedingt, denn bei
der Konstruktion von ULs muß vor allen Dingen darauf geachtet
werden, dass ein Gesamtgewicht von 472,5 kg nicht überschritten wird.
Dies hat namentlich zwei Konsequenzen:
- Das Fluggerät dürfte
instabiler sein als bei anderen Luftfahrzeuggattungen, bei denen weniger
auf das Gesamtgewicht geachtet werden muß. Auch beim Einsatz
modernster Werkstoffe können physikalische Gesetze nun einmal
nicht ausgehebelt werden. Deshalb kamen - zumindest früher - im "normalen Flugbetrieb"
eigentlich nur bei ULs sog. Luftzerleger vor, bei denen das
Luftfahrzeug beim Flug auseinanderbrach oder die Tragfläche
abriß, etwa weil das UL von einer Luftböe getroffen worden war.
Das Problem scheint bei modernen ULs allerdings einigermaßen
behoben zu sein.
- die Zuladung ist bei ULs zumeist deutlich geringer. Vielfach
ist ein UL mit zwei normalgewichtigen Insassen bereits überladen.
Nun muß fairneßhalber gesagt werden, daß es auch im übrigen Privatflugbetrieb
mit dem zulässigen Gesamtgewicht nicht immer genau genommen wird.
Allerdings kommt im UL-Bereich eines erschwerend hinzu, was in der
sonstigen Fliegerei nicht der Fall ist. Anfang 2009 berichtete der
Aero-Kurier (Heft 2) über Mißstände in der UL-Fliegerei. Es heißt dort u.a.:
"Noch immer leiden viele Ultraleichtflugzeuge unter Übergewicht,
das im Wägebericht nicht dokumentiert ist"
Allerdings verdeutlicht erst Frau Chr. Harne (Aero-Kurier 2009 Heft 4, S. 54)
die Brisanz dieser Bemerkung. Sie schreibt in ihrem Leserbrief:
"Im Klartext bedeutet dies, dass viele Prüfer nicht das tatsächliche
Gewicht eintragen oder zumindest bis vor kurzem nicht eingetragen haben.
Eine Differenz von zirka 40 bis 50 kg ist bei High-End-Maschinen nicht
ungewöhnlich. Einige bringen es sogar auf über 80 kg versteckte Leermasse!"
Ist ihre Schlußfolgerung, daß die UL-Piloten auf "lebensgefährliche
Art verschaukelt" werden und das UL unter solche
Bedingungen "zur Todesfalle" werden kann, nicht zutreffend?.
Man sollte deshalb glauben, daß der Gesetzgeber sein besonderes
Augenmerk auf die Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen gelegt
hat. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein, wie etwa ein kleiner
Artikel im Spiegel (Heft 47 vom 19.11.2007, S. 24) zu erkennen
gibt. ULs werden als einzige Motorluftfahrzeuge als Luftsportgeräte
eingestuft. Ihre Verkehrs-Zulassung obliegt deshalb nicht - wie
sonst - dem Luftfahrtbundesamt (LBA), sondern dem Deutschen
Aeroclub (DAeC). Im Zusammenhang mit mehreren Abstürzen des ULs
vom Typ Smaragd hat die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung
laut Spiegel Zweifel an der Kompetenz des DAeC angemeldet. Die
personelle Ausstattung des Verbandes sei "unzureichend". Es habe
sich gezeigt, daß "das Prüfsystem des DAeC zu einem großen Teil
auf Vertrauen beruht und effektive Kontrollmechanismen nicht in
dem erforderlichen Maß vorhanden sind." Weiter heißt es im
Flugunfallbericht (erneut zitiert nach Spiegel): bereits Mitte
der neunziger Jahre habe das LBA gegenüber dem
Bundesverkehrsministerium geäußert, daß wegen der "festgestellten
fachlich-technischen und auch verwaltungsrechtlichen Mängel eine
Fortdauer der Beauftragung des DAeC nicht befürworten könne."
Begeisterte UL-Piloten werden mir hier mit Nachdruck widersprechen
und auf das "raketengetriebene Rettungsfallschirm-System" verweisen.
Dagegen ist einzuwenden, daß die größten Unfallgefahren beim Start
und bei der Landung bestehen und in diesen Flugphasen die Rettungssysteme
zumeist nichts ausrichten können. Außerdem verweise ich auf einen
Unfallbericht, in dem zu lesen war, daß zwei Piloten ums Leben kam,
weil die Rakete in der Bordwand stecken geblieben war. Und last but not
least: Gerade auch bei den im o.g. Spiegelartikel in Rede stehenden
Unfällen hat das Rettungssystem nichts genützt.
Ohnehin verleitet gerade das Rettungssystem dazu, nicht auf alle
Sicherheitsbestimmungen peinlichst genau zu achten. Viele Piloten
wiegen sich vielmehr (nur) in der scheinbaren Sicherheit, notfalls das
Rettungssystem benutzen zu können ("Vollkaskomentalität") - und nicht
mehr auf der Waage.
Nur am Rande: Häufig wird bei der Berechnung von weight and
balance nur das bloße Körpergewicht eingesetzt. Wer in voller Montur
ins Flugzeug steigt, bringt aber glatt 3 bis 4 Kilogramm mehr auf die
Waage. Das kann dann, wenn man zu zweit fliegt, bei ULs schon zu viel sein.
Dem Himmel sei Dank sind UL-Unfälle wieder der Bundesstelle für
Flugunfalluntersuchung (BFU) zu melden (vgl. aerokurier 4/2008 S. 68),
die dann entscheidet, ob der Unfall untersucht wird oder nicht.
Wie berechtigt meine Skepsis in Sachen UL gerade im Hinblick auf
Flugunfälle ist, zeigt die Nachricht, daß im Jahr 2008 (bis Anfang
Dezember) sage und schreibe 63 Unfälle bei der BFU aktenkundig wurden und
insgesamt 25 Tote zur Folge hatten (vgl. aerokurier 2/2009 S. 87).
Was ich kürzlich im aerokurier (Januar 2009, S. 48) unter dem Titel
"Wildwest in der Gyro-Szene?" lesen mußte, hat allerdings
meine Einstellung zur Ultraleicht-Szene nachhaltig bestätigt. Gyro-UL
sind Fluggeräte, die nicht mit Tragflächen ausgestattet sind. Der Auftrieb
wird hier von einen Rotor besorgt, der durch die bloße Vorwärtsbewegung
angetrieben wird.
Da sollen in einer ungarischen "Flugschule" ungültige Lizenzen
an etwa 100 Schüler (aus Deutschland, Österreich und Ungarn) ausgehändigt
worden sein. Da soll ein Schüler
- in Deutschland - zur Prüfung angemeldet worden sein, ohne einen
Freiflug absolviert zu haben. Da soll sich nach einem Unfall ein
Rechtsstreit zwischen Pilot und Flugschule darüber ereignet haben, ob
der Pilot bereits eine Lizenz hat (so die auf Schadensersatz klagende
Flugschule) oder noch nicht (so der beklagte Pilot).
2. Philosophie
Zugeben muß ich auch, daß mir das ganze System nicht schmeckt, das
der DAeC und der DULV - vermutlich unterstützt von den verschiedenen UL-Herstellern -
mit kraftvoller Lobbyarbeit ins Leben gerufen haben. Warum UL-Piloten,
die ohnehin über das unsicherste Luftfahrtgerät verfügen, auch noch
mit kürzerer Ausbildung in die Luft gelassen werden, erschließt sich mir
einfach nicht. Und wenn ich beobachte, unter welchen Bedingungen bspw. die
theoretischen Prüfungen stattfinden, werde ich schon ein wenig nervös.
Wenn die Piloten nur sich
selbst gefährdeten, könnte man darüber noch hinwegsehen. Es war
vermutlich das - möglicherweise sogar gut gemeinte - Bestreben, Fliegen
einem größeren Interessentenkreis zugänglich zu machen und entspringt
der gleichen Einstellung, die bspw. auch der Rechtschreibreform zu Grunde
lag. Die Kinder können nicht mehr richtig schreiben, also müssen wir das
Schreiben vereinfachen. Daß dies gründlich schief gegangen ist, liegt
jedenfalls bei der Rechtschreibreform auf der Hand.
Um nicht der Unausgewogenheit bezichtigt zu werden, muß ich andererseits
auch zugeben, daß die UL-Fliegerei die Privat-Fliegerei ungemein belebt hat.
Viele, die UL fliegen, wären vielleicht sonst nicht zum Fliegen gekommen.
Und das Problem der Sicherheit wird auch dadurch abgemildert, daß UL-Piloten
im Hinblick auf die geringeren Kosten offenbar erheblich mehr Flugstunden
sammeln als PPL-Piloten. Und ich muß auch zugeben, daß es mittlerweile
traumhaft schöne ULs gibt ...
3. Einschränkungen
Für einige Bereiche kann der "normale" Flieger Sonderberechtigungen erwerben.
Nicht so der Inhaber einer UL-Lizenz:
- Kunstflug (§ 8 I 2 LuftVO)
- Wolkenflug (§ 14 S. 3 LuftVO)
- Flüge nach Sichtflugregeln bei Nacht (§ 33 S. 3 LuftVO)
- Kontrollierter Sichtflug - CVFR (§ 82 LuftPersV)
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