Warum ich bislang keine UL-Lizenz erworben habe ...

Stand: 12.09.2009

Vorbemerkung: Nachdem ich die Lizenzen für Motorsegler, Flugzeuge (Ein-Mots) und Segelflugzeuge erworben habe, wäre es kein Aufwand, auch noch die Sportpilotenlizenz zu erschlagen. Trotzdem habe ich bislang davon abgesehen. Aus den nachfolgenden Gründen:

1. Sicherheit

Ultraleichtflugzeuge haben seit ihrer Einführung einen ungeheuren Boom erlebt. Der Erwerb der Lizenz ist einfacher, schneller und billiger als bei allen anderen Motor-Flugarten. Und das Fluggerät ist erheblich preisgünstiger als bei anderen Flugzeugtypen. Auch der Durchschnittsverdiener kann sich ein UL in den Hangar stellen. Zwischenzeitlich hat sich eine bemerkenswerte UL-Lobby gebildet, weil folgerichtig eine Vielzahl von Menschen die UL-Lizenz erworben hat und damit ein enormer Markt entstanden ist.

Das Fliegen mit Ultraleichtflugzeugen dürfte im Rahmen der Privatfliegerei aber die für die Insassen gefährlichste Spielart sein. Dies ist zunächst und vor allem bauartbedingt, denn bei der Konstruktion von ULs muß vor allen Dingen darauf geachtet werden, dass ein Gesamtgewicht von 472,5 kg nicht überschritten wird.

Dies hat namentlich zwei Konsequenzen:

  • Das Fluggerät dürfte instabiler sein als bei anderen Luftfahrzeuggattungen, bei denen weniger auf das Gesamtgewicht geachtet werden muß. Auch beim Einsatz modernster Werkstoffe können physikalische Gesetze nun einmal nicht ausgehebelt werden. Deshalb kamen - zumindest früher - im "normalen Flugbetrieb" eigentlich nur bei ULs sog. Luftzerleger vor, bei denen das Luftfahrzeug beim Flug auseinanderbrach oder die Tragfläche abriß, etwa weil das UL von einer Luftböe getroffen worden war. Das Problem scheint bei modernen ULs allerdings einigermaßen behoben zu sein.
  • die Zuladung ist bei ULs zumeist deutlich geringer. Vielfach ist ein UL mit zwei normalgewichtigen Insassen bereits überladen. Nun muß fairneßhalber gesagt werden, daß es auch im übrigen Privatflugbetrieb mit dem zulässigen Gesamtgewicht nicht immer genau genommen wird. Allerdings kommt im UL-Bereich eines erschwerend hinzu, was in der sonstigen Fliegerei nicht der Fall ist. Anfang 2009 berichtete der Aero-Kurier (Heft 2) über Mißstände in der UL-Fliegerei. Es heißt dort u.a.:

      "Noch immer leiden viele Ultraleichtflugzeuge unter Übergewicht, das im Wägebericht nicht dokumentiert ist"

    Allerdings verdeutlicht erst Frau Chr. Harne (Aero-Kurier 2009 Heft 4, S. 54) die Brisanz dieser Bemerkung. Sie schreibt in ihrem Leserbrief:

      "Im Klartext bedeutet dies, dass viele Prüfer nicht das tatsächliche Gewicht eintragen oder zumindest bis vor kurzem nicht eingetragen haben. Eine Differenz von zirka 40 bis 50 kg ist bei High-End-Maschinen nicht ungewöhnlich. Einige bringen es sogar auf über 80 kg versteckte Leermasse!" Ist ihre Schlußfolgerung, daß die UL-Piloten auf "lebensgefährliche Art verschaukelt" werden und das UL unter solche Bedingungen "zur Todesfalle" werden kann, nicht zutreffend?.

Man sollte deshalb glauben, daß der Gesetzgeber sein besonderes Augenmerk auf die Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen gelegt hat. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein, wie etwa ein kleiner Artikel im Spiegel (Heft 47 vom 19.11.2007, S. 24) zu erkennen gibt. ULs werden als einzige Motorluftfahrzeuge als Luftsportgeräte eingestuft. Ihre Verkehrs-Zulassung obliegt deshalb nicht - wie sonst - dem Luftfahrtbundesamt (LBA), sondern dem Deutschen Aeroclub (DAeC). Im Zusammenhang mit mehreren Abstürzen des ULs vom Typ Smaragd hat die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung laut Spiegel Zweifel an der Kompetenz des DAeC angemeldet. Die personelle Ausstattung des Verbandes sei "unzureichend". Es habe sich gezeigt, daß "das Prüfsystem des DAeC zu einem großen Teil auf Vertrauen beruht und effektive Kontrollmechanismen nicht in dem erforderlichen Maß vorhanden sind." Weiter heißt es im Flugunfallbericht (erneut zitiert nach Spiegel): bereits Mitte der neunziger Jahre habe das LBA gegenüber dem Bundesverkehrsministerium geäußert, daß wegen der "festgestellten fachlich-technischen und auch verwaltungsrechtlichen Mängel eine Fortdauer der Beauftragung des DAeC nicht befürworten könne."

Begeisterte UL-Piloten werden mir hier mit Nachdruck widersprechen und auf das "raketengetriebene Rettungsfallschirm-System" verweisen. Dagegen ist einzuwenden, daß die größten Unfallgefahren beim Start und bei der Landung bestehen und in diesen Flugphasen die Rettungssysteme zumeist nichts ausrichten können. Außerdem verweise ich auf einen Unfallbericht, in dem zu lesen war, daß zwei Piloten ums Leben kam, weil die Rakete in der Bordwand stecken geblieben war. Und last but not least: Gerade auch bei den im o.g. Spiegelartikel in Rede stehenden Unfällen hat das Rettungssystem nichts genützt.

Ohnehin verleitet gerade das Rettungssystem dazu, nicht auf alle Sicherheitsbestimmungen peinlichst genau zu achten. Viele Piloten wiegen sich vielmehr (nur) in der scheinbaren Sicherheit, notfalls das Rettungssystem benutzen zu können ("Vollkaskomentalität") - und nicht mehr auf der Waage.

Nur am Rande: Häufig wird bei der Berechnung von weight and balance nur das bloße Körpergewicht eingesetzt. Wer in voller Montur ins Flugzeug steigt, bringt aber glatt 3 bis 4 Kilogramm mehr auf die Waage. Das kann dann, wenn man zu zweit fliegt, bei ULs schon zu viel sein.

Dem Himmel sei Dank sind UL-Unfälle wieder der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) zu melden (vgl. aerokurier 4/2008 S. 68), die dann entscheidet, ob der Unfall untersucht wird oder nicht. Wie berechtigt meine Skepsis in Sachen UL gerade im Hinblick auf Flugunfälle ist, zeigt die Nachricht, daß im Jahr 2008 (bis Anfang Dezember) sage und schreibe 63 Unfälle bei der BFU aktenkundig wurden und insgesamt 25 Tote zur Folge hatten (vgl. aerokurier 2/2009 S. 87).

Was ich kürzlich im aerokurier (Januar 2009, S. 48) unter dem Titel "Wildwest in der Gyro-Szene?" lesen mußte, hat allerdings meine Einstellung zur Ultraleicht-Szene nachhaltig bestätigt. Gyro-UL sind Fluggeräte, die nicht mit Tragflächen ausgestattet sind. Der Auftrieb wird hier von einen Rotor besorgt, der durch die bloße Vorwärtsbewegung angetrieben wird.

Da sollen in einer ungarischen "Flugschule" ungültige Lizenzen an etwa 100 Schüler (aus Deutschland, Österreich und Ungarn) ausgehändigt worden sein. Da soll ein Schüler - in Deutschland - zur Prüfung angemeldet worden sein, ohne einen Freiflug absolviert zu haben. Da soll sich nach einem Unfall ein Rechtsstreit zwischen Pilot und Flugschule darüber ereignet haben, ob der Pilot bereits eine Lizenz hat (so die auf Schadensersatz klagende Flugschule) oder noch nicht (so der beklagte Pilot).

2. Philosophie

Zugeben muß ich auch, daß mir das ganze System nicht schmeckt, das der DAeC und der DULV - vermutlich unterstützt von den verschiedenen UL-Herstellern - mit kraftvoller Lobbyarbeit ins Leben gerufen haben. Warum UL-Piloten, die ohnehin über das unsicherste Luftfahrtgerät verfügen, auch noch mit kürzerer Ausbildung in die Luft gelassen werden, erschließt sich mir einfach nicht. Und wenn ich beobachte, unter welchen Bedingungen bspw. die theoretischen Prüfungen stattfinden, werde ich schon ein wenig nervös.

Wenn die Piloten nur sich selbst gefährdeten, könnte man darüber noch hinwegsehen. Es war vermutlich das - möglicherweise sogar gut gemeinte - Bestreben, Fliegen einem größeren Interessentenkreis zugänglich zu machen und entspringt der gleichen Einstellung, die bspw. auch der Rechtschreibreform zu Grunde lag. Die Kinder können nicht mehr richtig schreiben, also müssen wir das Schreiben vereinfachen. Daß dies gründlich schief gegangen ist, liegt jedenfalls bei der Rechtschreibreform auf der Hand.

Um nicht der Unausgewogenheit bezichtigt zu werden, muß ich andererseits auch zugeben, daß die UL-Fliegerei die Privat-Fliegerei ungemein belebt hat. Viele, die UL fliegen, wären vielleicht sonst nicht zum Fliegen gekommen. Und das Problem der Sicherheit wird auch dadurch abgemildert, daß UL-Piloten im Hinblick auf die geringeren Kosten offenbar erheblich mehr Flugstunden sammeln als PPL-Piloten. Und ich muß auch zugeben, daß es mittlerweile traumhaft schöne ULs gibt ...

3. Einschränkungen

Für einige Bereiche kann der "normale" Flieger Sonderberechtigungen erwerben. Nicht so der Inhaber einer UL-Lizenz:
  • Kunstflug (§ 8 I 2 LuftVO)
  • Wolkenflug (§ 14 S. 3 LuftVO)
  • Flüge nach Sichtflugregeln bei Nacht (§ 33 S. 3 LuftVO)
  • Kontrollierter Sichtflug - CVFR (§ 82 LuftPersV)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ende des Textes (Keine_UL.htm - 12.09.09)